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Der Ehre halber Leben retten - Feuerwehr Bad Säckingen erhält Hermann-Stratz-Preis für Zivilcourage

Quelle: Badische Zeitung

Video der Preisverleihung:

 

BAD SÄCKINGEN. Die Freiwillige Feuerwehr Bad Säckingen hat den Hermann-Stratz-Preis für Zivilcourage verliehen bekommen – stellvertretend für alle Helfer, die am 7. Mai 2016, als ein damals 84-Jähriger in eine Menschengruppe in der Innenstadt fuhr, Zivilcourage bewiesen und den Opfern zur Hilfe eilten. Den Preis verleiht die Badische Zeitung.

 

 "Es gibt Tage und es gibt Ereignisse, die vergisst man Zeit seines Lebens nicht mehr", eröffnete der Leiter der Bad Säckinger Redaktion der Badischen Zeitung, Axel Kremp, die Veranstaltung im Trompeterschloss. Der 7. Mai 2016 war so ein Tag. Zwei Menschen verloren bei dem schweren Unfall ihr Leben, 27 wurden verletzt, viele schwer.

"Auf einmal war anscheinend alles anders", beschrieb Dekan Peter Berg den Schreckenstag in seiner Laudatio. Als er am Unfallort ankam, sah und hörte er: "Hilfe suchende, schreiende Menschen. Eine Katastrophe, die da mitten in diese gemütliche Alltagssituation hineingekrochen ist." Am schlimmsten sei die eigene Hilflosigkeit gewesen – selber nicht zu wissen, was zu tun ist, "was, wie, wer, wo", schlussfolgerte der Dekan.

Aber es gab Menschen, die wussten, was zu tun war. Die Freiwillige Feuerwehr Bad Säckingen, die Nachbar-Feuerwehren, Rettungskräfte aus dem gesamten Kreis Waldshut, aus Lörrach, aus den Kantonen Aargau, Zürich und Basel-Landschaft, die Polizei, das Technische Hilfswerk, das Deutsche Rote Kreuz.

Für all diese Helfer übergab Axel Kremp stellvertretend den mit 1000 Euro dotieren Preis an Tobias Förster, Stadtkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Bad Säckingen. Kremp betonte, dass nicht nur der Einsatz im Mai 2016, sondern auch die jüngsten Ereignisse wie der Sturm Burglind oder das Feuer im Schweizer Laufenburg die Einsatzbereitschaft der Rettungskräfte zeige. "Da sind auf einmal Menschen unterwegs, die bringen Strukturen in dieses Chaos", sagte auch Dekan Peter Berg und verglich die Situation mit der Schöpfungsgeschichte, als Gott hinein in das Chaos sprach: Es werde Licht. "Einen jeden Handgriff zu lernen, zu wissen, auf was kommt es jetzt an", das hätten die Helfer und Rettungskräfte gemeistert an diesem Tag. Sie haben Menschen spüren lassen, dass sie nicht alleine sind. Es sei ein ganz großartiger Einsatz gewesen, befand der Dekan.

Er appellierte daran, die Kommunen wieder und wieder in die Pflicht zu nehmen, das Ehrenamt der Helfer nicht selbstverständlich zu nehmen. "Familie, Beruf, Freizeit hinter sich zu lassen – wofür? Dafür, dass andere leben", so der Dekan. Gegen ein System kämpfen, wie es Hermann Stratz tat, müsse die Feuerwehr zwar nicht. "Aber die Intention ist die gleiche", befand er, "für die Menschen. Für Leben, Recht, Freiheit und Würde der Menschen. Dafür möchte ich einen ganz herzlichen Dank aussprechen."

Handeln aus freiem Willen
Auch Thomas Stratz, der Neffe des Namensgebers des Hermann-Stratz-Preises , sprach in seiner Rede über das Ehrenamt der Freiwilligen Feuerwehren und Rettungskräfte. Er fragte sich zwar zunächst, ob der Mensch tatsächlich einen freien Willen habe, entschied sich dann aber dafür, dass dem so sei. Und sagte deshalb: "Genauso wie mein Onkel Hermann sich frei entschieden hat, gegen die Nazi- Diktatur vorzugehen", genauso hätten sich die vorgeschlagenen Preisträger frei dafür entschieden, für ihre Mitmenschen einzustehen. Allerdings hieße eine freie Entscheidung auch, für die eigenen Taten zur Verantwortung gezogen zu werden. "Wenn wir aber so handeln, wie die vorgeschlagenen Preisträger, dann wird unsere Bilanz gut aussehen." Dafür, und für die Vorbildfunktion der Feuerwehr, dankte auch er den Helfern, von denen einige Vertreter ebenfalls anwesend waren.

Am Tag der Verleihung wäre Hermann Stratz 115 Jahre alt geworden. Er war Verleger des Hochrheinischen Volksblattes und kritisierte die Methoden der Nationalsozialisten mit Überschriften wie "Gegen die braune Schmach" – solange, bis er mit einem Berufsverbot belegt wurde. Er starb im Juli 1936 und die Umstände seines Todes sind bis heute nicht geklärt, erinnerte Redaktionsleiter Axel Kremp. Vieles spricht dafür, dass er für seine Zivilcourage ermordet wurde.

Das Ehrenamt ernst nehmen
Stadtkommandant Tobias Förster betonte, dass er den Preis nur als Stellvertreter seiner Feuerwehrkollegen und aller beteiligten Helfer entgegennehme. Gegenüber Kameraden und Kollegen wolle die Feuerwehr Bad Säckingen Demut zeigen. Denn sie sei nur "ein Zahnrad in einem funktionierenden System aus organisationsübergreifenden ehrenamtlichen und hauptberuflichen Hilfsorganisationen, lokal, regional, ja sogar bundesweit", sagte Tobias Förster in seiner Rede.

Auch er sprach wie seine Vorredner über das Ehrenamt, das die Freiwilligen Feuerwehren übernehmen. Eine Auszeichnung wie der Hermann-Stratz-Preis sei "das Benzin für den Motor unserer Motivation". Keiner seiner Kameraden habe einen persönlichen Vorteil durch das Ehrenamt – außer der Gewissheit, gebraucht zu werden. Und das, so Förster, sei nicht durch Sachleistungen aufzuwiegen. Er müsse jedoch auch daran erinnern, dass das Ehrenamt immer häufiger als Selbstverständlichkeit, gar als Pflicht, angesehen werde. Die Pflicht eines Jeden, sich darüber Gedanken zu machen, wie man sich für das Allgemeinwohl der Gesellschaft einsetzen könne, sei hingegen nur bei wenigen verankert. Und das in einer Zeit, in der die Zahl der Einsätze steigt und die Arbeit nicht selten vor Ort behindert und live verfolgt wird, "weil zahlreiche Augenzeugen viel Neugier, aber wenig Anstand verspüren", mahnte Förster. "Jeder, der mit seinen Hunderten Freunden in der Virtualität prahlt, besinne sich ab und zu auf die Freunde, die kommen, wenn es brennt."

Förster wünschte sich von Politik und Verwaltung, das Engagement der Feuerwehr ernst – ernster – zu nehmen, Anreize zu schaffen und die Arbeit nicht durch komplizierte Ausbildung oder durch Bürokratie zu hemmen. Und am Ende seiner Dankesrede lud der Stadtkommandant jeden ein, darüber nachzudenken, ob der ehrenamtliche Dienst nicht eine Möglichkeit sein könnte, selber aktiv zu werden: "Die Türen der Feuerwehren stehen für Frau und Mann, für Jung und Alt, unabhängig von Herkunft und Status, offen."

Der Herausgeber der Badischen Zeitung, Thomas Hauser, dankte allen Beteiligten und Helfern und pflichtete Förster in seiner Abschlussrede bei: "Ihre mahnenden Worte zurecht." Diese Bereitschaft sei nicht selbstverständlich – und schon gar kein einklagbares Recht. Dabei sei doch jeder Teil des Staats, und der könne nur so gut sein, wie die eigene Bereitschaft in der Gesellschaft, mitzuhelfen.

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