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Ist die Feuerwehr auf einen Münsterbrand vorbereitet?  Interview Südkurier

Ist die Feuerwehr auf einen Münsterbrand vorbereitet? Interview Südkurier

Quelle: Südkurier, Bild: Erich Meyer 

Aus gegebenen Anlass (Brand Notre Dame in Paris) führte der Südkurier mit unserem Stadtkommandant Tobias Förster ein Interview durch und veröffentlichten folgenden Bericht:

"Ein Brand wäre ein Schreckensszenario": Warum ein Feuer im Fridolinsmünster für die Feuerwehr eine gewaltige Herausforderung wäre – und wie sie sich darauf vorbereitet

"Ein Feuer im Bad Säckinger Münster wäre eines der schrecklichsten Szenarien, das wir uns als Feuerwehr vorstellen können." Daraus macht Bad Säckingens Stadtkommandant Tobias Förster keinen Hehl. Die Feuerwehr habe schon vor langem reagiert, und verschaffe sich regelmäßig genaue Ein- und Überblicke über Gebäude, die im Brandfall besondere Herausforderungen darstellen. Davon gibt es in Bad Säckingen eine ganze Menge, sagt Förster. Das Fridolinsmünster nimmt jedoch eine besondere Rolle ein – und zwar aus mehreren Gründen.

Keine Frage: Das Münster hat für Bad Säckingen einen besonderen Stellenwert und ist eines der Wahrzeichen. Von allen Kirchen im Stadtgebiet ist es die größte und älteste. Hinzu kommt die Lage des
Münsters inmitten der malerischen Altstadt, was aber mit zu den Herausforderungen beiträgt.

Bei Feuer in der Altstadt gibt es Großalarm
Denn wenn in diesem Gebiet ein Feuer ausbricht, wird sofort Großalarm ausgelöst, sagt Tobias Förster: "Die dichte Bebauung der Innenstadt mit ihren historischen Gebäuden stellt eine besondere Gefahrenlage dar. Denn Brandschutzmaßnahmen gibt es hier nur in begrenzter Form oder gar nicht."
Aus diesem Grund werden beispielsweise bei einem Brand in der Altstadt neben der Bad Säckinger Feuerwehr auch automatische die Feuerwehrleute aus dem benachbarten Wehr verständigt, so dass auf jeden Fall zwei Leiterfahrzeuge zur Verfügung stehen, schildert Förster.
Einen derartigen Fall gab es erst vor wenigen Wochen, als ein Kabelbrand im Hotel "Goldener Knopf" ausgebrochen war. Je nach Größe des Brandereignisses würde laut Förster die Alarmierung auch auf die Feuerwehr Murg ausgeweitet.

Ausbreitung des Feuers soll verhindert werden
Es gehe vor allem um Schnelligkeit. Es müsse ein "machtvoller Erstschlag gegen das Feuer" mit erheblichem personellem Einsatz geführt werden, um ein Ausbreiten der Flammen zu verhindern, so Förster. Ansonsten werde es für die Feuerwehr schwierig.
Im weiteren Verlauf würden sukzessive weitere Feuerwehren aus der deutschen und Schweizer Nachbarschaft hinzualarmiert. Gerade das Hinzuziehen der Werksfeuerwehren der Pharma-Unternehmen in Stein und Sisseln wäre im Fall eines Kirchenbrandes von großer Bedeutung, denn diese verfügen über wesentlich längere Leitern als die deutschen Wehren. Damit ließe sich das etwa 50 Meter hohe Dach des Münsters besser erreichen.

Fingerspitzengefühl beim Einsatz von Löschmitteln
Beim Brand der Kirche stelle die Statik ein zusätzliches Risiko dar. Das Hauptdach könne beispielsweise nur ein begrenztes zusätzliches Gewicht in Form von Löschwasser tragen: "Der Einsatz von Löschmitteln muss also mit Fingerspitzengefühl erfolgen, sonst besteht die Gefahr, dass das Dachgewölbe einstürzt." Ähnlich wie bei den Türmen sei irgendwann der Punkt erreicht, an dem es unveranwortlich wäre, Feuerwehrleute ins Gebäudeinnere zu schicken, sagt Förster.
Dann gelte es, unter Umständen auch harte Entscheidungen zu treffen: "Wir müssen eventuell akzeptieren, dass ein Bereich abbrennt, wenn wir stattdessen durch die Konzentration von Kräften verhindern können, dass sich der Brand weiter ausbreitet."
Welche Maßnahmen im einzelnen ergriffen werden, sei in der Regel in der Verantwortung des Einsatzleiters. Bei einem Großbrand wären dann allerdings auch Kreisbrandmeister und weitere Experten vor Ort, mit denen man sich absprechen könnte, so Förster.
Die Rettung des Münsterschatzes und der Gebeine des Heiligen Fridolins wäre im Übrigen erst im zweiten Schritt der Arbeiten vorgesehen. Priorität habe allerdings immer, dass Einsatzkräfte nicht übermäßig gefährdet werden.

Vorgehen bei Kirchenbränden ähneln sich
Das Vorgehen der Feuerwehr wäre übrigens beim Brand einer anderen Kirche ähnlich: "Es gibt gewisse Standardmaßnahmen, die sich auf die anderen Kirchen anwenden lassen, wenngleich bei diesen die Komplexität der Gesamtumstände nicht mir denen von Münster und Altstadt vergleichbar ist."
Umso wichtiger sei es, auf dem neusten Stand zu sein, was die örtlichen Gegebenheiten anbelangt: „Regelmäßig gibt es hier Brandschutzübungen der Feuerwehr“, erklärt Dekan Peter Berg. Damit verbunden sind Brandschutzbegehungen des Münsters und der Altstadt.

Etliche anspruchsvolle Löschobjekte im Stadtgebiet
Das Münster ist ohnehin längst nicht das einzige Gebäude, dass die Feuerwehr im Brandfall vor Herausforderungen stellen würde – vom Altenheim bis zu Firmen oder Kliniken. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass Bad Säckingen keine Berufsfeuerwehr besitzt. Das mache sich vor allem bei einer Alarmierung am Tag bemerkbar, denn es dauere deutlich länger, bis die Kameraden am Einsatzort sind, weil alle berufstätig sind.
Aber all das sei kein Grund, um in Panik auszubrechen. "Wir sind in Sachen Ausbildung und Ausrüstung auf dem gleichen Stand wie eine Berufsfeuerwehr", ist Tobias Förster sicher. Und bei derart außergewöhnlichen Großereignissen wie dem Brand von Notre-Dame werden zudem die verfügbaren Video- und Bildaufzeichnungen analysiert und die dabei gewonnenen Erkenntnisse in die alltägliche Feuerwehrarbeit vor Ort übernommen.

Kirchenbrände
Drei Vorgängergebäude des Fridolinsmünsters fielen Feuern zum Opfer – in den Jahren 1272, 1334 und 1678. Bei letzterem Brand blieb das Mauerwerk erhalten und wurde in barocker Form umgestaltet. Als die Arbeiten 1751 zum Abschluss kamen, brannte es erneut. Die Folgen hielten sich aber in Grenzen.

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